Preise kalkulieren

Nach dem gestrigen Instagram-Austausch und weil die Frage öfter aufkommt: „Was kann ich eigentlich verlangen?“, sprechen wir heute mal ein wenig über Preise. Das Thema ist nicht nur für Kolleginnen und Kollegen interessant, sondern ganz sicher auch für meine Kunden. Transparenz zu schaffen ist mir wichtig, und etwas zu erklären bedeutet nicht automatisch, sich zu rechtfertigen. Ich bin der Meinung, dass man, wenn man den Wert einer Sache versteht, auch die Preise dahinter besser nachvollziehen kann. Bevor der Text ausufert, legen wir mal los.

Ich werde oft gefragt: „Was soll ich denn für ein Shooting verlangen?“ Eigentlich ist das Thema ziemlich einfach. Es wäre pure Mathematik, wenn da nicht das große, böse Wort „Emotion“ wäre. Denn genau die hindert uns oft daran, einen angemessenen Preis zu verlangen. Fotografie wird oft als Hobby betrachtet, und man denkt: „Ich mache das ja auch gerne.“

Aber wer sagt denn, dass man Dinge, die man gerne tut, nicht auch angemessen berechnen kann?
Und wer sagt eigentlich, dass Arbeit, die einem Spaß macht, keine Arbeit ist?

Das sind Glaubenssätze, die viele von uns haben, und das ungute Bauchgefühl, das Angst davor hat, „hochpreisig“ zu sein. Dabei ist „hochpreisig“ nicht einmal das richtige Wort. Eigentlich müsste es „angemessen bepreist“ heißen.

Denn genau das ist es letzten Endes. Eure Arbeit ist im Wert messbar, abgesehen vom künstlerischen Wert. Ihr habt einen gewissen Zeitaufwand, monatliche Fixkosten und nur ein begrenztes Zeitkontingent im Monat für eure Shootings und den ganzen Kram drumherum. Da das bei jedem individuell ist, ist ein Vergleich absolut nicht möglich. Jede Lebenssituation ist so unterschiedlich; selbst der Standort macht einen enormen Unterschied. Ledig, Kinder, verheiratet, Haus, Wohnung, eigenes Fotostudio, nur Outdoor, alles mit dem Fahrrad oder auf ein Auto angewiesen, und so weiter und so fort.

GESPRÄCHE MIT ANDEREN

AUF LOS GEHTS LOS

Ihr merkt schon, puh, das ist beim Lesen schon anstrengend und bei jedem Einzelnen grundverschieden. Wollt ihr also wissen, wie hoch eure Preise „sein“ dürfen, dann braucht ihr einen Stift und einen Zettel und keine Quantenphysik, einfach nur ein wenig Köpfchen und Logik. Ich mache euch ein Beispiel:

Ihr seid Single, kinderlos, wohnt in einer Mietwohnung, habt kein eigenes Fotostudio, fahrt zu euren Shootings mit dem Rad oder der Bahn und arbeitet Vollzeit. Fotografie ist euer Nebengewerbe und ihr seid euch unsicher, was ihr verlangen könnt.

Die Rechnung funktioniert so:

Punkt eins:
Neben eurem 40-Stunden-Job habt ihr euch im Monat eine bestimmte Zeit X für euer Gewerbe eingeplant. Die schwankt natürlich immer etwas, muss aber einmal im Mittel festgelegt werden. Sagen wir einfach mal 10 Stunden die Woche, also 40 Stunden im Monat. In diesen 40 Stunden passiert alles: Nicht nur Shootings und Bearbeitung, sondern auch der ganze Kram drumherum. Dazu gehören Dinge wie Kundenkommunikation, Social Media, E-Mails, Website, steuerliche Angelegenheiten, Shooting-Vorbereitungen, Moodboard-Erstellungen (LEUTE, ES MUSS ALLES REIN, WAS IHR MACHT – ALLES).

Punkt zwei:
Ihr müsst kalkulieren, wie lange ein Shooting und eure durchschnittliche Bearbeitung dauern. Und klar, das ist nicht immer gleich, daher das Wort „durchschnittlich“ (Nicht gleich im Kopf kapitulieren, erstmal lesen und machen). Ich setze jetzt einmal 8 Stunden an für ein Shooting, inklusive An- und Abfahrt, Shooting an sich, Aussortieren, Bearbeiten, Hochladen und Rechnung schreiben.

Bei 40 Stunden im Monat hättet ihr dann 5 Termine, die umsetzbar wären.

ABER HALT!

Ihr müsst ja noch mit den Kunden reden, die Shootings planen, eure E-Mails beantworten.
UPSI. Also keine 40 Stunden, nur 32 (und das ist schon richtig großzügig gedacht).
Dann kommen wir auf VIER TERMINE IM MONAT.

Vier Termine, die ihr umsetzen könnt, und vier Termine, die euch finanzieren müssen.
Also folgt was? RICHTIG!

Punkt drei:
Jetzt braucht ihr eure monatlichen Fixkosten. Die Ausgaben, die ihr habt und die vom Gewerbe getragen werden müssen, PLUS das, was ihr gerne übrig haben wollt – euer Gehalt sozusagen. In jedem Vorstellungsgespräch wird man nach einer Gehaltsvorstellung gefragt. Wieso nicht auch hier?
Sagen wir mal, ihr habt 800 Euro Kosten für Equipment, Steuern, Hosting-Service, Bildbearbeitung, Fortbildungen usw. und ihr möchtet 800 Euro für euch haben.

Und jetzt kommt alles zusammen: Ihr braucht 1600 Euro für 4 Shooting-Termine, macht also:

400 Euro pro Termin.

Hier ist jedoch folgendes zu beachten:

"Als Kleinunternehmerin bist du von der Umsatzsteuer befreit, daher bleibt der Umsatz von 1.600 Euro unberührt, was den Bruttobetrag darstellt. Die Einkünfte aus deiner selbstständigen Tätigkeit werden jedoch auf dein gesamtes Einkommen angerechnet und müssen bei der Einkommensteuer berücksichtigt werden.Um den Betrag zu ermitteln, den du pro Termin nehmen musst, um nach Steuern die 1.600 Euro netto zu erreichen, müsstest du wissen, wie viel von diesen 1.600 Euro durch Steuern abgeht. Hierfür bräuchtest du detaillierte Berechnungen mit einem Steuerprogramm oder durch einen Steuerberater. Um sicherzustellen, dass dir nach Steuern auch tatsächlich 1.600 Euro netto verbleiben, könntest du mehr als 400 Euro pro Termin berechnen, abhängig von der Steuerbelastung"  Ich hab hierzu einfach Chat GPT gefragt, das kann ich euch empfehlen.








Bis hierhin habt ihr es geschafft!

Ich weiß, das war viel zu lesen, aber haltet durch. Ich mache jetzt noch eine Rechnung für die komplett Selbstständigen, und zwar an meinem Beispiel.
Legen wir direkt los, ohne viel Bla Bla.

Punkt 1:

Ich bin voll selbstständig und wir rechnen einfach mal mit dem üblichen 160-Stunden-Job (was für mich nicht zutrifft, ich habe mehr, aber das ist bei uns Fotografen, glaube ich, auch oft der Fall). Ich habe 4 Stunden am Tag für Marketing, Social Media, E-Mails, Buchhaltung und den ganzen Orga-Kram drumherum eingeplant. Da bleiben 4 Stunden für Shootings und Bearbeitung, also insgesamt 80 Stunden im Monat.

Punkt 2:

Meine durchschnittliche Zeit pro Termin liegt bei 10 Stunden.

Punkt drei:

Meine Fixkosten betragen 3200 Euro. Ich kalkuliere hier im Beispiel mit einem Gehalt von 1500 Euro, also insgesamt 4700 Euro.

Das bedeutet: 80 Stunden / 10 Stunden pro Termin = 8 Termine.

Diese 8 Termine müssen meine Fixkosten plus mein Gehalt tragen. Allerdings ist der Betrag geteilt durch den Umsatz kein brutto Betrag und ohne berücksichtigte Steuer.

Mein Steuersatz beträgt 30%. Also brauchen wir keine 4700,00 Euro, sondern 4700,00 Euro/0,7= 6714,29 Euro (Das ist 4700€ + Steuern)

Die 6714,39 Euro sind euer Nettogehalt, was monatlich verdient werden muss. Die geteilt durch eure 8 Termine macht:

839,29 € NETTO pro Termin.

Jetzt fehlt euch nur noch die Mwst.: von 19% und wir landen bei:

999,84 € BRUTTO

So schwer ist es gar nicht, man darf nur nicht Steuern vergessen und muss einmal einen Überblick über seine Zeit haben.

Ich hoffe, ihr versteht das Rechenbeispiel. Der Text hilft euch hoffentlich und bringt euch mal zum Rechnen und Nachdenken. Natürlich ist das nicht auf den Cent genau, es sind Beispiele und für eine genaue Kalkulation holt euch bitte immer professionelle Hilfe. Es hilft aber dennoch zu verstehen, wie man auf seine preise kommt, warum ein Shooting für fast alle von uns keine 300 Euro kosten kann und wie man vorgeht.

Einzig und allein die Emotion hindert einen daran, Preise zu verlangen – dieses „Das geht ja nicht“, „Das würde ich selbst nie zahlen“, „Das ist ja so hoch“, „Dann bucht mich keiner“, und so weiter. Das steht euch im Weg.

Ich wünsche euch also das nötige Selbstbewusstsein und die Einsicht, dass ihr es wert seid. Dass eure Arbeit es wert ist und ihr das verdient. Tauscht euch aus mit anderen, vernetzt euch und rechnet, FREUNDE!

Schreibt mir bei Fragen gerne auf Instagram!

Eure Anika