Warum
Im Gespräch mit anderen
Das letzte Gespräch mit meiner Kollegin Mareike Konrad hallt noch in mir nach. Wir unterhielten uns über unsere Kunden und unsere Herangehensweise an die Fotografie. Warum wir tun, was wir tun, und warum wir lieben, was wir tun. Obwohl wir viele Parallelen haben, unterscheidet uns doch ganz klar ein wichtiger Punkt.
Mareikes Ansatz ist großartig und absolut vorbildlich. Sie hält die Dinge so nah an der Realität wie möglich. Den Blick des Hundes, wenn er einen Keks haben möchte, oder die typische Situation beim Gassigehen auf der Lieblingsstrecke im Wald. Dabei gibt sie natürlich auch Vorgaben entsprechend ihrer Expertise, achtet auf gutes Licht und erschafft großartige Fotos. Ihre Kunden erleben beim Betrachten der Bilder ein Feuerwerk an Emotionen. Sie sehen genau die Momente, die sie tagtäglich erleben. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Hintergrund eine grüne Wiese oder ein schöner See ist. Im Fokus stehen eingefangene Momente, die Hund und Halter genauso wiedergeben, wie sie sich kennen.

Bei mir sieht das tatsächlich anders aus. Ich lebe und liebe Ästhetik. Schon als Kind war es meine größte Leidenschaft, ständig mein Zimmer umzustellen, mich neu auszuprobieren und alles harmonisch zu gestalten. Ich sortierte meine Bücher der Größe und Farbe nach im Regal, nur weil es ein besseres Bild fürs Auge gab. Mein Herd wurde selten zum Kochen genutzt, dafür aber als dekorative Fläche. Zu jeder Jahreszeit gab es andere Decken, andere Kissen, einen neuen Look. An Weihnachten verwandelte sich meine Wohnung in ein Weihnachtsparadies – nie kitschig, nie zu viel, aber dennoch fürs Auge "perfekt".
GESPRÄCHE MIT ANDEREN
Warum also sollte es in meinen Bildern anders sein? Ich hatte schon immer einen Hang zu Interiordesign, ein Auge für Details und gehe in meiner Kreativität auf, wenn für mich alles stimmig ist. Ich plane meine Shootings ganz anders – man könnte fast sagen, ich inszeniere sie und baue eine Szene, die harmonisch auf Hund und Halter abgestimmt ist. Dabei gebe ich Kleidung, Location und Details vor und greife bereits im Vorfeld intensiv ein.
Unser Gespräch hat mich sehr zum Nachdenken gebracht. Mache ich zu viel? Ist der ganze Aufwand wirklich nötig? Meine Antwort darauf ist ganz klar: JA. Auch wenn ich Mareikes Ansatz absolut großartig finde, würde mich das nicht glücklich machen. Mein fotografisches Herz braucht eine gewisse Ästhetik, eine gewisse Stimmung, und dennoch ist es mir wichtig, Natürlichkeit in meine Fotos zu bringen. Das eine schließt das andere nämlich nicht aus.
Eine gute Vorbereitung bedeutet nicht, dass es keine Flexibilität und Spontanität geben kann. Im Gegenteil: Wenn ich einen Plan habe und die Location meinen Vorstellungen entspricht, dann habe ich eine kreative Explosion. Dann kann ich voll loslegen und tun, was ich eben so mache. Alles andere hemmt mich, schränkt mich eher ein und entspricht einfach nicht mir.
Vor meinem Shooting gestern im eigenen Studio musste ich erst einmal alles aufräumen und dekorieren. Erst wenn die Vase an dem Platz steht, wo sie für mich hingehört, habe ich innerlichen Frieden. Dabei musste ich fast selbst schon lachen. Aber nur dann kann ich ganz ich selbst sein, mit euch Fotos machen und mich austoben. Ich brauche quasi anfänglich maximale Ordnung und Ästhetik, damit ich während des Shootings maximales Chaos machen und kreativ sein kann. Denn so schnell wie ich dekorieren kann, so schnell kann ich auch Chaos zaubern – glaubt mir!
Wichtig ist mir immer, euch nicht zu verwandeln, sondern typgerecht vorzugehen. Jemanden in ein Kleid zu stecken, der nur Hosen trägt, und umgekehrt, ist für mich absoluter Blödsinn. Ihr sollt ganz ihr selbst sein, jedoch mit einem gewissen "Feinschliff". Ich denke, das erklärt es ganz gut. :-D
Mareike teilte mir auch ihre Gedanken zu unserem Shooting mit und sagte, dass sie echt lange überlegt hatte, ob sie mich buchen soll. Denn dieses "Perfekte" war für sie anfänglich nicht greifbar. Sie hatte Angst, sich auf meinen Fotos nicht wiederzuerkennen und nicht sie selbst zu sein. Zum Glück kreuzten sich unsere Wege auf einem internationalen Workshop. Sie schaute mir beim Arbeiten zu und merkte: "Okay, die ist doch lockerer als ich dachte und einfach nur sehr klar in dem, was sie will und was nicht." Meine Ergebnisse und meine Art überzeugten, und 1,5 Jahre später durfte ich sie, ihre Familie und alles drum herum fotografieren – was mich irre stolz macht.
Gespräche mit anderen sind gut und wichtig. Sie regen den eigenen Kopf an, bringen zum Nachdenken und öffnen neue Türen. Wichtig ist es, zuzuhören und zuzulassen. Seit unserem Gespräch bin ich mir wieder klarer darüber, warum ich tue, was ich tue, wohin ich möchte und was meine Bildsprache ausmacht. Ich bin mir aber auch klarer darüber, dass ich mehr genau darüber kommunizieren möchte, wie ich arbeite und Menschen die Angst nehmen will, mich zu buchen.
Und sicher werde ich bei meinen nächsten Shootings auch etwas milder mit mir selbst sein können. Mal sehen, wie nachhaltig der Effekt sein wird. :-D